Unsere Feuerwehr-Männer und -Frauen

Wissen wir zu schätzen, was wir an ihnen haben? Die Bezeichnung Feuerwehr wird dem Vielen, das die Freiwilligen Feuerwehren der Samtgemeinde leisten, schon längst nicht mehr gerecht.

Großeinsatz am 17. Juni diesen Jahres nach einem Frontalzusammenstoß zweier Fahrzeuge. © Patrick Siebrecht.

Mittwoch, 17. Juni, 6.58 Uhr: Alarm nach einem Frontalzusammenstoß zweier Fahrzeuge. Allein 60 Feuerwehr-Männer und -Frauen aus Bersenbrück, Ankum und Gehrde trafen an diesem Morgen am Unglücksort Bersenbrücker Straße aufeinander.

Unfall am 17. Juni. © Patrick Siebrecht.

Was kommt an einem Einsatzort auf einen zu? Genau zeigt sich das oft erst vor Ort. Die schlimmen Unfallfolgen an diesem 17. Juni: vier Kinder und Jugendliche mittelschwer bis schwer verletzt, zwei eingeklemmte Fahrerinnen, von denen eine noch während der Rettungsarbeit reanimiert werden musste.

„Von einer auf die andere Sekunde werden wir aus dem Alltag geholt, um das zu tun, wofür wir uns verpflichtet haben: retten – löschen – bergen – schützen“, war einer der Sätze von Sabrina Keck, stellv. Ortsbrandmeisterin der Freiwilligen Feuerwehr Talge, in ihrem Schlusswort zur Jahreshauptversammlung Anfang Februar.

Sabrina Keck, stellv. Ortsbrandmeisterin in Talge, und Ehemann Frank Keck, ebenfalls in der Feuerwehr Talge aktiv.

Sabrina Keck ist eine der 347 aktiven Feuerwehr-Männer und -Frauen in der Samtgemeinde, die tun, wozu sich sich verpflichtet haben. Der Alltag, aus dem sie immer wieder herausgeholt werden, ist der ganz normale Alltag, wie ihn die meisten Menschen leben, geprägt von Berufstätigkeit, Familie, Freunden. Feuerwehr-Mann und -Frau zu sein, ist nicht ihr Job. Diesen so umfangreichen Dienst zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger erfüllen alle jahraus jahrein ehrenamtlich, und die große Mehrzahl bekommt dafür nicht einen einzigen Cent. Eine (bescheidene) monatliche Aufwandsentschädigung erhalten nur Funktionsträger wie z. B. Ortsbrandmeister, Funkwarte oder Gerätewarte.

Zahlen & Fakten. 2019 gab es in der Samtgemeinde Bersenbrück 347 aktive Feuerwehr-Männer und -Frauen. Über die größten Einsatzabteilungen verfügen die Freiwilligen Feuerwehren Bersenbrück (75  Aktive) und Ankum (73 Aktive). Bei der kleinsten Feuerwehr, der in Talge, gibt es 36 aktive Einsatzkräfte.

Dachstuhlbrand in der Neujahrsnacht 2020. 16 Hausbewohner wurden evakuiert. © Patrick Siebrecht.

 

Neujahrsnacht 2020. © psb.

„Wenn man dieses Feuerwehr-Gen hat“.

Das neue Jahr 2020 war noch nicht einmal eine Stunde alt, als der Alarm um 00:56 Uhr zu einem Dachstuhlbrand mitten in Bersenbrück rief. Ein großes Aufgebot an Feuerwehrmännern und -Frauen aus Bersenbrück, Gehrde, Talge, Ankum sowie Nortrup war da in der Bürgermeister-Kreke-Straße im Kampf gegen die Flammen und zur Menschenrettung im Einsatz. 16 Personen und ein Hund wurden aus Wohnungen evakuiert.

Ein Jahreswechsel – da feiern die meisten Bürgerinnen und Bürger oder sie fahren ein paar Tage in Urlaub. Trotzdem gab’s auch in dieser Nacht keinen Mangel an Einsatzkräften. „Wenn man dieses Feuerwehr-Gen hat“, sagt Gemeindebrandmeister Stefan Bußmann, „fährt man zum Jahreswechsel ohnehin nicht gerne weg und ist in einer gewissen Habacht-Stellung, denn Silvester ist ein Klassiker, ist der Tag, an dem man zu fast 100 % davon ausgehen kann, dass etwas passiert“.

Einsätze 2019. Im Jahr 2019 gab es in der Samtgemeinde Bersenbrück 393 Einsätze. Dass z. B. allein die Feuerwehr Bersenbrück 222 Einsätze ausweist und Ankum 145, liegt an der Zählweise. So ist ein Einsatz wie der beim Dachstuhlbrand für die Samtgemeinde nur 1 Einsatz. Beteiligt waren aus der Samtgemeinde jedoch Bersenbrück, Talge, Gehrde und Ankum, und jede Feuerwehr zählt, berechtigterweise, diesen Einsatz als einen für sich.

 

Aktiv bei der Feuerwehr: Da müssen auch Familien und Freunde mitziehen.

Stefan Bußmann (links) und Tim Schulte (Foto von 2019).

In Sekundenschnelle weg vom Arbeitsplatz, vom Familienfrühstück, von der Geburtstagsfeier, nachts raus aus dem Bett, hin zum Einsatz: Da braucht es Arbeitgeber, aber vor allem auch Familien und Freunde, die ein Feuerwehrengagement unterstützen.

Stefan Bußmann, als Gemeindebrandmeister der Chef der 7 Feuerwehren, die die Feuerwehr der Samtgemeinde bilden, kam mit 18 Jahren zur Feuerwehr Alfhausen. Sein Stellvertreter Tim Schulte trat im selben Alter in die Feuerwehr Ankum ein. 29 Jahre hat Stefan Bußmann inzwischen „auf dem Buckel“, 22 Jahre Tim Schulte, der in Ankum zugleich der Ortsbrandmeister ist. klartext sprach mit ihnen – und mit einem Ortsbrandmeister-Duo, das es in dieser Besetzung nur einmal bei den Samtgemeinde-Feuerwehren gibt.

Gemeinsame Anstrengung zur Bewältigung eines Schweinestallbrandes in Rieste. © FF Alfhausen.

Mario Kröger checkt den Pieper.

An der Spitze der Freiwilligen Feuerwehr Talge steht Ortsbrandmeister Mario Kröger und als seine Stellvertreterin ist Sabrina Keck in der Samtgemeinde die einzige Frau in dieser Führungsposition. Bußmann, Schulte, Kröger, Keck: Sie wissen aus  langjähriger Erfahrung, wie ständige Einsatzbereitschaft das Leben prägt.

Der Pieper schrillt – das bedeutet für einen Feuerwehr-Aktiven „Spannung und ansteigender Adrenalinpegel“, so Stefan Bußmann. Ehefrau und Kinder wissen in diesem Moment z. B., dass ins Wasser fällt, was immer man sich gemeinsam vorgenommen hatte. Was ihm schon öfter passierte, ergänzt Tim Schulte, dass er mit der Familie oder mit Freunden im Restaurant saß und der Pieper dazwischenfunkte. „Keine Ölspur, die man mit 5 Mann machen kann, sondern ein großes Ding – da bleibt das Essen stehen und man ist weg“.

Jahr für Jahr immer wieder schwere Unfälle. Bei diesem in Alfhausens Ortsteil Wallen 2017 im Einsatz: die Feuerwehren Alfhausen, Ankum, Bersenbrück. © FF Alfhausen.

Sabrina Keck kam mit 19 Jahren zur Feuerwehr, ist nun seit 16 Jahren dabei und Mutter einer vierjährigen Tochter. Aktiver bei der Feuerwehr Talge ist auch ihr Mann. Aus dem Stand weg zum Einsatz: Die Eltern Keck sind froh darüber, dass eine Großmutter in der Nähe wohnt, die bei Bedarf zur Stelle ist, um das Kind zu betreuen.

Pieper: Was umgangssprachlich Pieper genannt wird, heißt eigentlich digitaler Meldeempfänger (DME), Funkmeldeempfänger oder Pager.

Schrecksekunde bei der klartext-Besucherin am 24. August im Feuerwehrhaus Talge, als sich während des Gesprächs der Pieper meldet. Schnell ist jedoch klar: Kein Ernstfall, es ist ein Probealarm.

Dienstabend-Vorbereitung in Talge mit den Ortsbrandmeistern (vorne) Mario Kröger und Sabrina Keck.

Zum Unvorhersehbaren – aus heiterem Himmel zum Einsatz zu müssen – kommt bei Feuerwehr-Männern und -Frauen auch noch der Verzicht auf zahlreiche Feierabende, denn zu den Einsatzstunden kommen viele Ausbildungsstunden, wie die Dienstpläne von Alfhausen bis Rieste zeigen.

Wegen der Corona-Krise stockte die Aus- und Weiterbildung für einige Zeit. In Talge ging es jedoch am 24. August wieder los. Auf dem Programm stand um 19.30 Uhr die Dienstanweisung der Samtgemeinde zur Wiederaufnahme des Dienst- bzw. Übungsbetriebs.

 

„Mädchen für alles“: Heute würden die Feuerwehren nicht mehr Feuerwehren heißen.

Rüstwagen der FF Bersenbrück. © FF BSB.

Es begann vor 100 und mehr Jahren mit einer Feuerspritze und dem dazu passenden Namen Feuerwehr. Der Name blieb, die Tätigkeit hat sich jedoch grundlegend verändert.

Die Bezeichnung Feuerwehr wird dem Aufgabenspektrum in keiner Weise mehr gerecht. „Brandeinsätze“, so Tim Schulte, „machen nur noch den geringsten Anteil unserer Einsätze aus“. „Würde man den Feuerwehren heute einen Namen geben, würden sie vielleicht Hilfeleistungsgruppen heißen, aber definitiv nicht Feuerwehr“, sagt Stefan Bußmann. „Heute ist die Feuerwehr Mädchen für alles“, so Tim Schulte.

12. August diesen Jahres: Einsatz für die Rüstwageneinheit der Feuerwehr Bersenbrück bei einem schweren Unfall in Badbergen mit zwei Lkws und eingeklemmten Fahrern. © FF Bersenbrück

Dieses „Mädchen für alles“ muss vielfältigen Anforderungen gerecht werden und entsprechend ausgebildet sein. Zu den stark gestiegenen Anforderungen gehört z. B. der Umgang mit immer mehr und technisch immer anspruchsvolleren Gerätschaften.

So verfügt die Feuerwehr Bersenbrück über einen Rüstwagen, der mit vielen Werkzeugen und anderem bestückt ist. Er bildet –  mitsamt einem Löschgruppenfahrzeug  – eine speziellen Einheit für die technische Unfallrettung.

Führungskräfte-Qualifikation. Über die technische Ausbildung hinaus müssen Feuerwehr-Männer und -Frauen auch als Führungskräfte qualifiziert werden, so über Lehrgänge zum Truppführer, Gruppenführer, Zugführer, Verbandsführer.

 

Feuerwehrmann und -frau: Das will mehr denn je gelernt sein.

Unverzichtbar: Der Funk.

Am Anfang eines aktiven Feuerwehrlebens steht die Truppmann-/Truppfrauausbildung. Mit dieser Grundausbildung ist es aber nicht getan. Eine Feuerwehr, in der es nur Aktive mit einer Grundausbildung gäbe, wäre gar nicht einsatzfähig. Darum braucht es bei Feuerwehr-Männern und -Frauen die Bereitschaft, sich über Lehrgänge weiter zu qualifizieren, so z. B. zum Maschinisten, Atemschutzgeräteträger, zum Sprechfunker.

Zahlreiche Einsatzkräfte an einer Einsatzstelle: Ohne Kommunikation wäre beispielsweise eine effektive Koordination und Kooperation gar nicht möglich. Und immer wieder Neues. So hat sich das Aufgabenfeld der Funkwarte durch die Einführung der digitalen Technik und Alarmierung erheblich verändert und der Zeitaufwand ist enorm gestiegen.

Die Drehleiter: Hier bei einer Übung der Ankumer Feuerwehr.

Gelernt sein will beispielsweise auch der Umgang mit der Drehleiter und deren richtiger Einsatz. Die Drehleiter der Samtgemeinde-Feuerwehr ist in Ankum stationiert und dort gibt die entsprechend ausgebildete Drehleitereinheit.

Hat nach 28 Jahren bald ausgedient.

Die Drehleiter, die auch mit einem Rettungskorb ausgestattet ist, kommt häufig zum Einsatz. Ihr Aufgabengebiet umfasst die Brandbekämpfung, die  Menschenrettung und die technische Hilfeleistung, wenn z. B. Äste von Bäumen herunterzufallen drohen. Das bisherige Modell (Baujahr 1992) hat bald ausgedient. Um die 700.000 € wird die neue Drehleiter kosten, die im nächsten Jahr ausgeliefert werden soll.

Umweltweltschäden verhindern. Dafür steht z. B. ein Einsatz am 9. März. Die Ölwanne eines Autos war auf einer über die Hase führende Brücke aufgerissen. Weil durch einen Straßenabfluss ein Gemisch aus Öl und Wasser in die Hase gelangte, alarmierten die Gehrder Einsatzkräfte auch die Feuerwehr Bersenbrück. Die dichtete den Abfluss ab – zum Wohl der Umwelt, denn bei Öl reicht schon eine kleine Menge, um ein Gewässer nachhaltig zu verschmutzen und Wassertiere zu schädigen.

Ein harter Einsatz für die beteiligten Feuerwehren: Dieser tödliche Unfall in Alfhausen. © FF Alfhausen

 

Klein wie groß: Das volle Programm.

Physisch wie psychisch stark gefordert sind die Atemschutz-Trupps, die es bei allen 7 Feuerwehren der Samtgemeinde gibt. Sie kämpfen bei einem Brandeinsatz an vorderster Front, sind großer Hitze ausgesetzt, müssen unter Umständen in dichtem Qualm und sogar tiefster Dunkelheit agieren, um Menschen zu retten und einen Brand zu bekämpfen. Das will gelernt und auch immer wieder geübt sein – wie vieles andere auch.

Einsatzleitung Talge. © FF Talge.

Umfassende Aus- und Weiterbildung, das gilt für alle Feuerwehr-Aktiven. Talge ist die kleinste der 7 Freiwilligen Feuerwehren. Maschinist, Atemschutzträger, Funk, Führungslehrgänge: Mario Kröger wie Sabrina Keck haben viele Schulungen durchlaufen, um fachlich fit und um zur Leitung und Führung befähigt zu sein.

„Auch wenn man eine kleine Feuerwehr ist“, erklärt Sabrina Keck, „so müssen die Führungskräfte Einsätze genau so gut leiten können wie die einer größeren Feuerwehr“.

Was immer sich im Einzugsbereich der Talger Feuerwehr ereignet: „Die Ortsfeuerwehr ist da erst einmal der Einsatzleiter“, so Sabrina Keck. Dafür gerüstet zu sein, setzt eine umfassende Ausbildung voraus.

Spitze nicht nur beim Frauenanteil. In Talge sind 14 der 36 Einsatzkräfte Frauen. Insgesamt gibt es bei den 7 Feuerwehren 30 Frauen. Knapp 39 % der Einsatzkräfte Frauen – damit liegt Talge weit vor allen anderen. Spitze ist Talge, 1972 nach Bersenbrück eingemeindet, auch noch auf einem anderen Gebiet. Der heutige Ortsteil Talge hat nur etwa 300 Einwohner. Davon sind 42 Mitglieder der Feuerwehr – so viele wie nirgendwo sonst in der Samtgemeinde.

 

„Wäre mal lustig, wenn wir nur mit Frauen angefahren kämen“.

Frauen- und Männerpower in Talge, hier beim Reggae Jam 2019. © FF Talge.

„Wir streben bei allen unseren Leuten an, dass wir die zügig zu Lehrgängen schicken“, sagt Mario Kröger. „In Talge gibt es einen hohen Anteil junger Feuerwehr-Aktiver. Die kann man gut motivieren“, ergänzt Sabrina Keck, „und die muss man motivieren, ihnen vermitteln, dass sie zu Lehrgängen gehen dürfen. Dürfen, nicht müssen, dass sie eine Chance auf Lehrgänge bekommen.“

Bei dem hohen Frauenanteil sind Frauen bei der Feuerwehr Talge eine Selbstverständlichkeit. Gab und gibt es außerhalb von Talge Akzeptanzprobleme? Dass Feuerwehr-Frauen nicht voll akzeptiert werden, hat Sabrina Keck noch bei keinem Einsatz erlebt. Trotz zahlreicher Frauen sei es aber bislang noch nicht vorgekommen, „dass wir ein Fahrzeug nur mit Frauen besetzt haben. Das wäre vielleicht mal lustig“, lacht sie, „wenn wir nur mit Frauen angefahren kämen.“

Von Alfhausen bis Rieste. Freiwillige Feuerwehren gibt es in der Samtgemeinde in Alfhausen, Ankum, Bersenbrück, Gehrde, Kettenkamp, Rieste und Talge. Eggermühlen gehört zum Zuständigkeitsbereich der Feuerwehr Ankum.

 

Zu Lande und zu Wasser.

Die meisten Einsätze der Feuerwehren fallen in die Kategorie „Technische Hilfestellung“. Hinter dieser recht harmlos klingenden Bezeichnung verbergen sich immer wieder auch sehr schwere Unfälle, die den Feuerwehr-Männern und -Frauen psychisch und trotz allem modernen Gerät auch physisch viel abverlangen.

Baum quer über der Fahrbahn: Ein Einsatz für die Feuerwehr Ankum in Eggermühlen. © Patrick Siebrecht.

„Technische Hilfestellung“, das sind auch wetterbedingte Einsätze. So hielten z. B. im Februar der Sturm „Sabine“ und das Tief „Victoria“ die Freiwilligen Feuerwehren von Alfhausen bis Rieste auf Trab und am 14. August mussten Wehren so einige Male ausrücken, weil durch den Starkregen Straßen überflutet wurden und Keller vollliefen.

Einsatz für die Wasserrettung der Feuerwehr Alfhausen, hier bei einer Hilfestellung am Alfsee. © FF Alfhausen.

Aktiv sind Feuerwehr-Männer und -Frauen aber nicht nur an Land, sondern auch am und im Wasser. Das ist das Terrain der Feuerwehr Alfhausen, zu der eine Taucher- und Wasserrettungsgruppe gehört. Ausgestattet ist die mit einem Rettungsboot und gut 20 Feuerwehrtauchern und Tauchanwärtern.

Sachbergung aus der Hase. © FF Alfhausen.

Die Taucher sind zur Stelle, wenn es gilt, Menschen und Tiere aus dem Wasser zu retten oder nach einem Einbruch ins Eis zur Hilfe zu kommen. Im besten Fall gelingt die Rettung, im schlimmsten Fall stellt der Notarzt fest, dass ein Toter aus dem Wasser geborgen wurde.

Menschliche Tragödien begleiten die Arbeit der Wasserrettungsgruppe der Freiwilligen Feuerwehr Alfhausen, aber ihre Mitglieder tauchen auch aus weniger dramatischen Gründen ab, so z. B., um Fahrräder aus dem Wasser zu holen oder wenn die Polizei um Hilfe bittet, weil Diebesgut oder Beweismittel im Wasser vermutet werden.

 

Feuerwehr-Hilfe aus der Luft.

Feuerwehr-Hilfe kommt seit dem letzten Jahr auch per Drohne aus der Luft – durch die Drohneneinheit der Kreisfeuerwehr, zu der auch Feuerwehrmänner aus Ankum und Alfhausen gehören. Bei großen Schadenslagen ermöglicht eine Drohne eine gute Übersicht aus der Vogelperspektive und erleichtert dadurch die Arbeit des Einsatzleiters. Sie kann auch helfen, Vermisste zu finden.

Waldbrandgefahr. Drei Dürrejahre hintereinander, Wasserknappheit: Für Waldbrände gerüstet zu sein, ist dringender denn je. Ein Löscheinsatz im Wald hat seine besonderen Tücken. Sie zu bewältigen, übte 2018 z. B. die Freiwillige Feuerwehr Rieste (mehr dazu hier).

Auf- und Einräumen nach dem Ende einer Waldbrandübung der Feuerwehr Rieste im Jahr 2018. © Markus Revermann.

 

Viel Expertise, stetig neue Herausforderungen.

Expertise bei unseren Freiwilligen Feuerwehren auf vielen Gebieten, so auch in Sachen Gefahrgut. Auf den Straßen und auf der Schiene werden tagtäglich zahlreiche problematische Stoffe transportiert wie giftige, ätzende, explosive, hochentzündliche, krebserzeugende oder brandfördernde Stoffe, und es gibt auch immer wieder mal Leckagen, durch die gefährliche Stoffe freigesetzt werden.

Einsatz in Merzen für den Fachzug Gefahrgut Nord, den die Feuerwehren Bersenbrück, Gehrde und Talge bilden. © FF Talge.

Für Einsätze auf diesem Gebiet bildet die Feuerwehr Bersenbrück zusammen mit den Feuerwehren Talge und Gehrde den Fachzug Gefahrgut Nord der Feuerwehr-Umweltbereitschaft der Kreisfeuerwehr Osnabrück. Der wurde z. B. am 30. April nach Merzen alarmiert, weil es zu einem Gasaustritt gekommen war. Gefahrgut-Einsätze, das bedeutet für die Feuerwehr Bersenbrück wie auch für Aktive der kleineren Feuerwehren Talge und Gehrde, sich Spezialwissen anzueignen, fit zu sein im Umgang mit dem Vielen, das im Gerätewagen Gefahrgut steckt, einem Fahrzeug des Landkreises, das zum Fuhrpark der Feuerwehr Bersenbrück gehört.

Je nach Gefahrgut und Lage wird die entsprechende Schutzkleidung getragen. © FF Bersenbrück.

Dass auf dem Dienstplan der Bersenbrücker Feuerwehr auch Themen wie „Brandbekämpfung im Gleisbereich“ stehen und „Evakuierung eines Personenzugs“ ist Ausdruck der Tatsache, dass Bersenbrück Teil der TE-1 Bahn ist und damit zu einer der 6 technischen Einheiten im Landkreis Osnabrück gehört, die bei Zugunfällen und -unglücken zum Einsatz kommen.

 

Retter in besonderer Mission. © FF Bersenbrück.

Rettung aus Höhen und Tiefen. 

Das waren Bilder, die Aufmerksamkeit erregten: Als Besonderheit gibt es bei der Feuerwehr Bersenbrück ein ERHT-Team, und das übte am Riesenrad beim Festival Reggae Jam. ERHT steht für „Einfache Rettung aus Höhen und Tiefen“.

Zu diesem Team gehören 20 Feuerwehrmänner, die eine besondere Ausbildung zum Absturzsicherer durchlaufen haben, um Personen zu retten. Das ERHT-Team übte und bewies seine Fähigkeiten auch schon an einem Baukran bei den Berufsbildenden Schulen (BBS Bersenbrück).

Rettung aus der Höhe übten Mitglieder des ERHT-Teams der Feuerwehr Bersenbrück. © FF Bersenbrück.

 

Herausforderung E-Autos: „Wird uns noch lange beschäftigen“. 

Die Feuerwehr Bersenbrück bekam es am 18. Juli diesen Jahres mit dem Akku-Brand eines Elektrofahrrads zu tun. Laut Einsatzbericht auf der Webseite schlug „der erste Löschversuch mit Wasser, einem Pulverlöscher und einer Löschdecke fehl. Das eingesetzte Wasser hatte dabei zu einer Verstärkung der chemischen Reaktion geführt.“

Akku-Brand bei einem E-Bike. © FF Bersenbrück

Dann wurde erfolgreich mit Metallbrandpulver abgelöscht. „Danach wurden die Lithiumzellen in eine Schuttmulde gelegt und mit Wasser geflutet, um die chemische Reaktion der Zellen über die nächsten 24 Stunden abklingen zu lassen.“

Was wäre beim Brand eines E-Autos? Dass der Brand einer Lithium-Ionen-Batterie eines Elektroautos bzw. Hybridfahrzeugs für die Feuerwehr eine enorme Herausforderung darstellt, hat sich landauf, landab bereits mehrfach gezeigt. „Ich persönlich denke, dass E-Autos ein riesiges Thema für Feuerwehren sind, und wir können uns mit Sicherheit darauf einstellen, dass uns das noch lange beschäftigen wird“, sagt Tim Schulte, der stellv. Gemeindebrandmeister.

Akku-Brand: Keine eigenen Löschversuche! Die Feuerwehr Bersenbrück weist darauf hin, dass die Reaktion brennender Lithiumakkus mit den üblichen Löschmethoden nicht gestoppt werden kann und die Brandgase eine Gesundheitsgefahr darstellen. Ihr Rat: brennende Akkus, wenn es gefahrlos möglich ist, ins Freie bringen und in jedem Fall die Feuerwehr rufen.

 

„Flatterband nehmen, absperren und warten“.

Das Problem bei E-Autos und Hybrid-Fahrzeugen: Es braucht große Mengen Wasser, um eine brennende Batterie zu löschen bzw. zu kühlen, und der Brand kann noch Tage später wieder aufflammen. Darum wird derzeit ein brennendes Elektro-Fahrzeug zumeist sicherheitshalber in einen Container befördert, in dem es unter Wasser gesetzt wird.

Videos im Internet zeigen, was es braucht, um ein brennendes E-Fahrzeug unter Kontrolle zu bekommen. © www.facebook.com/watch/?v=689136074953969

Einen Container, in dem ein E-Auto mit Wasser geflutet werden könnte, gibt es in der Samtgemeinde noch nicht, und es fehlt auch an den Gerätschaften, um ein Fahrzeug in so einen Container hineinzuziehen oder zu -hieven. Wie würde vorgegangen, wenn hier morgen ein solches Fahrzeug brennt? Derzeit bliebe nur, so Stefan Bußmann „ein Flatterband nehmen, absperren und warten“. Immer wieder neue Herausforderungen, die zu bewältigen sind, das ist Alltag bei den Freiwilligen Feuerwehren.

In Deutschland sind rund 95 % der Feuerwehrleute ehrenamtlich organisiert. Bei den restlichen 5 % handelt es sich um Berufsfeuerwehrleute, hauptberufliche Werkfeuerwehrleute oder so genannte hauptamtliche Kräfte (1).

 

Um die ehrenamtlichen Feuerwehrleute „beneidet uns die ganze Welt“.

Die Feuerwehr-Männer und -Frauen der Freiwilligen Feuerwehren der Samtgemeinde gehören zu den fast 1 Millionen Feuerwehr-Aktiven in Deutschland, über die Hartmut Ziebs, bis 2019 Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV), sagte: „Um die ehrenamtlichen Kräfte beneidet uns die ganze Welt“ (1).

Aufgabe eingeklemmte Personen aus verunfallten Fahrzeugen befreien, wie hier am 17. Juni in Ankum. © FF Bersenbrück

Wenn all‘ das, was Ehrenamtliche leisten, aus Steuergeldern finanziert werden müsste, das wäre gar nicht machbar, dann würde „Deutschland zusammenbrechen“, meinen Stefan Bußmann wie auch Tim Schulte.

Absicherung Umzug der Kita „Am Kattenboll“ in 2018.

Der Gemeindebrandmeister und sein Stellvertreter denken dabei nicht nur an die Freiwilligen Feuerwehren, sondern an die Sportvereine, die ehrenamtlichen Jugendarbeiter, die Schützenvereine, die Kolpingvereine, die Kirchen und viele mehr, die hier in allen Orten einen großen Beitrag zur Sicherheit, Lebensqualität und zum gesellschaftlichen Miteinander leisten.

Und wenn die Feuerwehren z. B. den Schützenumzug absichern oder den Martinsumzug einer Kita, dann ist das für Tim Schulte „ein wichtiger Bestandteil von Dorfleben“ und Ausdruck dessen, was für ihn selbstverständlich ist – dass sich Vereine untereinander helfen. „Dafür Leute zu finden“, ist seine Erfahrung, „das ist gar kein Problem“.

Ferienspaßaktionen, Blutspende-Termine: Sie müssten es nicht tun, aber sie tun es und leisten auch dadurch einen Dienst für die Gemeinschaft: Die Freiwilligen Feuerwehren beteiligen sich z. B. an den jährlichen Ferienspaßaktionen, sind bei Dorffesten präsent, empfangen Schulklassen, veranstalten Blutspende-Aktionen. So z. B. im Corona-gerecht ausgestalten Feuerwehrhaus in Ankum am 22. und 23. April. 230 Blutspender wurden da gezählt.

Einsätze bei großer Hitze auf Stoppelfeldern setzten den Feuerwehren der Samtgemeinde im letzten Jahr besonders zu. © FF Alfhausen

 

Motivation durch Aus- und Weiterbilung.

Sind die vielen Aufgaben, die die Freiwilligen Feuerwehren erledigen, und die Ansprüche an die Aus- und Weiterbildung eine zu große Belastung für die Feuerwehr-Männer und -Frauen? Die Erfahrungen von Stefan Bußmann sind andere. „Je mehr man seiner Feuerwehr an Arbeit zumutet, je mehr die Kameradinnen und Kameraden in Bewegung sind, wenn einer Aufgabe und Übungseinheit gleich die nächste folgt, desto stärker wird die Kameradschaft, desto mehr Leute kommen zum Dienst, weil durch die intensive Arbeit das Bewusstsein dafür wächst, dass die Feuerwehr gebraucht wird“.

Ein Pkw in einem Teich beschäftigte 2019 die Wasserrettung der Feuerwehr Alfhausen. © FF Alfhausen

Mit dem Wissen steigt das Interesse an der Feuerwehr, ist auch die Erfahrung der beiden Talger Ortsbrandmeister Mario Kröger und Sabrina Keck. Je mehr Wissen sich jemand durch Lehrgänge aneignet, „desto besser“, so Mario Kröger, „können wir ihn bzw. sie bei Einsätzen einsetzen und fordern“. Das fördert die Einsatzbereitschaft und die Motivation.

Mitglied werden im Förderverein der Feuerwehr. Ihren Dank ausdrücken für die Arbeit der Feuerwehren können Bürgerinnen und Bürger durch eine Mitgliedschaft im Förderverein. Alle 7 Feuerwehren der Samtgemeinde haben einen Förderverein. Soweit vorhanden: Am Schluss des Artikel Links zu den Seiten des jeweiligen Fördervereins.

Ein Großbrand im Juni 2019 in Ankum mit einem Großaufgebot an Einsatzkräften, vor allem aus Ankum und Bersenbrück. © FF Bersenbrück.

 

Ärgernis abwertende Sprüche wie „Feierwehr“ oder „ihr sauft ja nur“.

Sie werden gebraucht, die Feuerwehr-Männer und -Frauen. Und wie. An abwertenden Sprüchen, berichten Stefan Bußmann und Tim Schulte, fehlt es trotzdem nicht. Und sie reden nicht von negativen Erlebnissen bei Einsätzen mit Gaffern (die es auch gibt), sondern von Erfahrungen, die Kameradinnen und Kameraden immer wieder mal bei Schützenfesten oder privaten Geburtstagsfeiern machen. Sprüche von der Art „ihr sauft ja nur“ oder „ihr mit euren scheiß Autos fahrt mit tatütata und ich kann deswegen nicht pennen“.

September 2019: Kleine Auszeit der Feuerwehr Talge von einem ehrenamtlichen Dienst, der den Feuerwehr-Aktiven wie auch ihren Familien einiges abverlangt. © FF Talge

Ein Foto zeigen von einem Ausflug der Feuerwehr Talge mit Kind und Kegel – da zögert Sabrina Keck zunächst. Gerade eine kleine Feuerwehr wie die in Talge, hat sie erlebt, wird von so manchem nicht ernst genommen und mit dem Spruch „Feierwehr“ belegt. „Feierwehr“? Sie sind durch und durch Profis auf ihrem Gebiet, die Ehrenamtlichen der kleineren wie die der größeren Feuerwehren.

Ehefrau, Ehemann, Freund, Freundin, Kinder:  Würde das Feuerwehr-Engagement nicht nicht von vielen mitgetragen, wären unsere Freiwilligen Feuerwehren nicht das, was sie sind. Ein Ausflugsnachmittag mit Familienangehörigen oder ein Grillabend ist da für die Aktiven nicht mehr als eine wohlverdiente Pause von ihrer Dauer-Einsatzbereitschaft und für Familienangehörige eine kleine Kompensation für den Verzicht, den sie leisten, damit die Aktiven rund ums Jahr und rund um die Uhr ihren Dienst zum Schutz und Wohl der Bürgerinnen und Bürger leisten können.

Ob ein Brand, wie hier in Thiene, oder ein Unfall: Eigentlich unvorstellbar, dass es Menschen gibt, denen es an Wertschätzung für die Feuerwehr-Männer und -Frauen fehlt. © FF Alfhausen

Auch wenn Sprüche-Klopfer nur eine Minderheit darstellen, so ist es vielleicht doch geboten, in stärkerem Maße als bislang eine Währung wiederzuentdecken, die ungemein wertvoll ist: Wertschätzung. Wertschätzung für den enormen Einsatz für die Gemeinschaft, den die Feuerwehr-Männer und -Frauen ehrenamtlich zu leisten bereit sind.

Dieser klartext-Bericht ist der Auftakt zu einer 4-teiligen Serie von Themen zu unseren Freiwilligen Feuerwehren. In der nächsten Folge: Vor und nach dem Einsatz umziehen in der Fahrzeughalle – bei den meisten unserer Freiwilligen  Feuerwehren ist das noch gängige Praxis. Das soll sich jedoch aus gewichtigen Gründen ändern.

 

Facebook-und Webseiten:

Freiwillige Feuerwehr Alfhausen:
www.facebook.com/feuerwehr.alfhausen/, www.feuerwehr-alfhausen.de. Förderverein: www.feuerwehr-alfhausen.de/verein-zur-foerderung-der-freiwilligen-feuerwehr-alfhausen/
Freiwillige Feuerwehr Ankum:
www.facebook.com/FeuerwehrAnkum/, www.freiwilligefeuerwehrankum.de,
Förderverein: https://freiwilligefeuerwehrankum.de/foerderverein
Freiwillige Feuerwehr Bersenbrück:
www.facebook.com/FeuerwehrBersenbrueck, www.feuerwehr-bersenbrueck.de, Förderverein: http://www.feuerwehr-bersenbrueck.de/foerderverein0001.htm
Freiwillige Feuerwehr Gehrde:
www.facebook.com/feuerwehrgehrde, www.feuerwehr-gehrde.de, Förderverein: http://www.feuerwehr-gehrde.de/#xl_xr_page_foerderverein
Freiwillige Feuerwehr Kettenkamp: www.facebook.com/FeuerwehrKettenkamp/
Freiwillige Feuerwehr Rieste:
www.facebook.com/FeuerwehrRieste/, https://feuerwehrrieste.de/, Förderverein:  https://feuerwehrrieste.de/ueber-uns/foerderverein/
Freiwillige Feuerwehr Talge:
wwww.facebook.com/Freiwillige-Feuerwehr-Talge-152208728215957/, www.feuerwehrtalge.de, Förderverein: http://www.feuerwehrtalge.de/seite3.htm
Für einen schnellen Überblick über Einsätze: www.feuerwehrnews-os.de/einsatzarchiv/samtgemeinde-bersenbrueck/

Quelle:
(1) feuerwehrmagazin.de/wissen/so-funktioniert-feuerwehr-in-deutschland-77805, 11. Mäerz 2010.

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