Von Rot zu Grün? Das Ratsmitglied Zeljko Dragic trat aus der SPD wie auch aus der SPD-Fraktion aus und strebt eine Mitgliedschaft bei Bündnis90/Die Grünen an. Wird ein Parteiwechsel erfolgen? Welche Folgen haben die Dragic-Entscheidungen für den Samtgemeinderat?
Durch die Entscheidungen von Zeljko Dragic, Mitglied des Samtgemeinderats und einstiger Bewerber für das Amt des Samtgemeindebürgermeisters, ist das Band zwischen ihm und seiner bisherigen Partei durchschnitten. Ob Zeljko Dragic, wie gewünscht, Mitglied in der Partei Bündnis90/Die Grünen wird, steht noch nicht fest.
Auf der Mitgliederversammlung der Grünen bei Raming in Ankum wurde am Montag (6. Juli) u.a. ein neuer Vorstand gewählt (mehr dazu in einem gesonderten Bericht). Die Entscheidung über eine Mitgliedschaft von Zeljko Dragic vertagten die Grünen auf September. Man wolle ihn einladen und ihm die Gelegenheit geben, sich persönlich zu äußern, so die stellv. Sprecherin Karin Bergmann.
Behielt seine Ausschussämter.
Kein anderer SPD-Politiker stand in den vergangenen Monaten so sehr im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit wie Dr. Zeljko Dragic. Dass der 43-jährige Alfhausener Ehrgeiz hat und sich viel zutraut, zeigte seine Kandidatur für das Amt des Samtgemeindebürgermeisters – die jedoch für heftige Erschütterungen innerhalb der SPD sorgte und darüber hinaus (mehr dazu weiter unten).
Dennoch sprach sich die Gruppe SPD/BLA im März dafür aus, dass Zeljko Dragic weiterhin in ihren Reihen bleibt. Dragic behielt auch für die SPD den Vorsitz im Feuerwehrausschuss und blieb Mitglied im Bildungsausschuss. Er selbst betonte in den letzten Monaten immer wieder, er sei ein „überzeugter Sozialdemokrat“. Nun aber doch der Bruch mit der SPD. Warum? Was das Vorankommen angeht, hatte es Zeljko Dragic in der Partei, der er jetzt den Rücken kehrte, in wenigen Jahren schon weit gebracht.
Dragic und die SPD: Viel erreicht.
Zeljko Dragic ist erst seit 7 Jahren, seit 2013, in Alfhausen zu Hause. Dass er im SPD-Ortsverband Alfhausen wie auch in der SPD insgesamt mit offenen Armen empfangen wurde und sehr willkommen war, zeigten über Jahre lobende Worte aus SPD-Mündern gegenüber klartext. Mehr als Worte zeigte das jedoch das Vorankommen von Zeljko Dragic in der SPD.
Zur Wahl 2016 stand er auf Platz 2 der Liste, zog in den Samtgemeinderat ein, bekam den einzigen Ausschussvorsitz, den die SPD besetzen konnte, war im Vorstand des SPD-Ortsvereins Alfhausen und wurde 2018 zum Vorsitzenden des SPD Samtgemeindeverbands gewählt. Zeljko Dragic erreichte viel in wenigen Jahren und hatte gewichtige Fürsprecher, darunter auch der damalige Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier. Dann kam der 27. September 2019.
Fassungslosigkeit.
Am Abend vor diesem 27. September tagte der Samtgemeinderat und mittendrin in den Reihen des Bündnisses aus SPD, Grünen, UWGs und Bürgerliste Zeljko Dragic. Alles wie immer. Zu dem Zeitpunkt war zudem in der Findungskommission, zu der auch Zeljko Dragic gehörte, bereits alles auf Klaus Menke hinausgelaufen. Er sollte der von SPD, Grünen, UWGs, Bürgerliste unterstützte Kandidat für das Amt des Samtgemeindebürgermeisters werden.
Nichts deutete am Abend der Samtgemeinderatssitzung darauf hin, dass keine 24 Stunden später ein politisches Gewitter mit Langzeitfolgen aufziehen würde. Fassungslosigkeit in den Bündnisreihen, erlebte klartext bei zahlreichen Telefongesprächen am Abend des 27. September. Was war passiert? SPD, Grüne und UWGs erfuhren quasi aus der Zeitung, dass Zeljko Dragic für das Amt des Samtgemeindebürgermeisters kandidieren wird. Zwar hatte er wenige Stunden, bevor der Artikel im Bersenbrücker Kreisblatt online stand, ein paar wenige Personen informiert, was aber nichts daran änderte, dass seine Partei wie auch Grüne, UWGs, Bürgerliste aus heiterem Himmel vor vollendete Tatsachen gestellt wurden, denn der Zeitungsbericht war ja längst geschrieben.
Er begann mit dem Wort „Paukenschlag“. Wie vor den Kopf geschlagen fühlten sich dagegen Menschen durch diesen Paukenschlag, erfuhr klartext durch Gespräche, die bis dahin der Meinung waren, SPD, Grüne, UWGs, Bürgerliste würden im Rat wie auch in der Findungskommission gut und vertrauensvoll mit Zeljko Dragic zusammenarbeiten. Ebenfalls an diesem Tag in der Zeitung zu lesen: Dass die Wahlkampf-Domaine von Zeljko Dragic bereits reserviert ist.
Er sei „ehrlich und geradlinig“, wird Zeljko Dragic in dem Artikel zu seiner Kandidatur zitiert. Dieser Selbstbeschreibung mochte nicht jeder folgen: Man fühle sich hintergangen und sei menschlich zutiefst enttäuscht, brachten es gegenüber klartext SPD’ler auf den Nenner, aber auch andere Vertreter aus den Bündnisreihen. Schließlich sei Zeljko Dragic als Mitglied der Findungskommission über alles bestens informiert gewesen, habe aber nie ein Wort darüber verloren, dass er an einer Kandidatur interessiert sei. Noch am Abend zuvor habe man nichtsahnend mit ihm zusammengesessen, und nun das.
Ein Foto mit Wirkung. Am frühen Wahlabend „im CDU-Lager herzlich begrüßt“.
Zeljko Dragic, der Vorsitzende des SPD-Samtgemeindeverbands, tritt durch seine Kandidatur auch gegen den Mann an, für den sich seine Partei entschieden hatte: Das war die Lage, in die der Alfhausener seine Partei brachte. „Ohne die Kandidatur von Zeljko Dragic hätten wir ein ähnlich knappes Ergebnis bekommen wie bei der Wahl von Horst Baier und Klaus Menke hätte gute Chancen gehabt, die Wahl knapp für sich zu entscheiden“, meint Siegfried Hüls, der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Alfhausen. So intensiv wie in Alfhausen war die SPD nirgendwo sonst von der Dragic-Kandidatur berührt.
Während die Alfhausener Genossen Plakate für Klaus Menke klebten und sich für dessen Wahlsieg engagierten, befanden sie sich zugleich, so Siegfried Hüls, im Wahlkampf gegen Zeljko Dragic, der in seinem Heimatort naturgemäß besonders stark um Wählerstimmen kämpfte, und damit im Wahlkampf gegen einen der ihren, gegen ein Vorstandsmitglied des SPD-Ortsvereins. Das hat Spuren hinterlassen.
Zu verarbeiten gibt es einiges. Dazu gehört auch ein Foto vom Wahlabend, das sich bei so manchem ins Gedächtnis eingebrannt hat, weil es als Schlag in die Magengrube wahrgenommen wurde: Zeljko Dragic feierte im Kreis der CDU und ihres Wahlsiegers Michael Wernke. Er war nicht am späteren Abend gekommen, um zu gratulieren (wie es eine Abordnung mit Klaus Menke tat), sondern wurde schon während der noch laufenden Auszählung im „im CDU-Lager herzlich begrüßt“ und „fieberte mit“, wie im Bersenbrücker Kreisblatt zu lesen war.
Wahlen 2021: Es geht um Einfluss und Posten.
An politischer Ambition fehlt es Zeljko Dragic nach wie vor nicht. So kündigte er schon im Februar an, dass er bei der nächsten Kommunalwahl wieder antreten will (1). Gewählt wird 2021.
Über ihre Kandidaten und deren Platz auf der Liste entscheidet bei der SPD, wie Manfred Krusche erklärt, eine Versammlung des Samtgemeindeverbandes, und das nicht in nächster Zeit, sondern erst im Frühjahr des kommendes Jahres, voraussichtlich im Mai/Juni. Wer alles antreten wird und wie die Versammelten entscheiden werden, vermag derzeit niemand zu sagen. Fakt ist jedoch: Zeljko Dragic hat durch seine Abkehr von der SPD inzwischen Fakten geschaffen.
Zeljko Dragic könnte 2021 auch als Unabhängiger kandidieren. Das möchte er aber nicht, wie sein Mitgliedsantrag bei Bündnis90/Die Grünen zeigt, denn mit einer Partei im Rücken ist mehr zu erreichen. Dass Zeljko Dragic bei der kommenden Wahl nicht nur wieder antreten, sondern auch wieder in den Samtgemeinderat einziehen will, davon ist auszugehen.
Ein aussichtsreicher Platz auf der Kandidatenliste einer Partei bedeutet bei einer Wahl die Chance auf Einzug in einen Rat und damit auch den Zugang zu Positionen, Posten, den damit verbundenen Möglichkeiten. Bei entsprechender Ambition kann bei einer Partei im Rücken auch ein Weiterkommen über die Samtgemeinde hinaus gelingen. Bis es hier zur Aufstellung der Kandidaten für die Wahl 2021 kommt, wird aber noch einiges Wasser den Rhein herunterfließen.
Nun auch der Austritt aus der SPD-Fraktion.
Mit dem Austritt aus der SPD war Zeljko Dragic parteilos, aber weiterhin Mitglied der SPD-Fraktion. Für den Austritt aus der Fraktion bedurfte es einer separaten schriftlichen Erklärung. Heute, so Manfred Krusche, erreichte ihn die schriftliche Erklärung, dass Zeljko Dragic aus der SPD-Fraktion im Samtgemeinderat austritt. Welche Folgen dieser Schritt hat, dürfte die nächste Sitzung des Samtgemeinderats zeigen.
Mit dem Austritt von Zeljko Dragic aus der SPD-Fraktion hat die Gruppe SPD/BLA nur noch 6 statt bislang 7 Mitglieder. Bei einer Veränderung der Fraktionsstärke, so Manfred Krusche, muss die Samtgemeindeverwaltung informiert werden und der Samtgemeinderat fasst dann einen entsprechenden Beschluss. Die nächste Ratssitzung dürfte erst im Herbst stattfinden. Bis dahin ändert sich nichts. Würde vorher z. B. noch eine Sitzung des Feuerwehrausschusses stattfinden, würde die vom Vorsitzenden Zeljko Dragic geleitet.
Alles noch offen.
Wie sich die Situation demnächst im Samtgemeinderat darstellen wird, ist noch nicht absehbar. Die Fraktion SPD/BLA hat durch das Ausscheiden von Dragic ein Mitglied weniger. Nähmen jedoch die Grünen Zeljko Dragic in ihre Reihen und auch in die Reihen ihrer Fraktion auf, würde das ebenfalls Folgen haben. Es wird Veränderungen im Samtgemeinderat, in Ausschüssen, in Gremien geben. Welche, vermag jedoch noch niemand zu sagen.
(1): Bersenbrücker Kreisblatt, 25. Februar 2020.