Bramscher Straße BSB: Fläche „erschlichen“?

„Entscheidung im Geheimen“: So fing’s beim Bauprojekt Bramscher Str. 17-21 in Bersenbrück an. Jetzt war es Thema im Bauausschuss. Wird gebaut werden, was einst als Konzept vorgestellt wurde?

Das Bauschild zum Wohn- und Geschäftshaus. Ob das zweite Gebäude – die im Konzept ausgewiesene Senioren-WG – realisiert wird, ist fraglich.

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

Am Mittwoch, 1. November, waren Clemens Seelmeyer, Geschäftsführer CS Immo, plus Vertreter des Architekturbüros Hettwer im Bauausschuss des Bersenbrücker Stadtrats zu Gast. Sie sollten dem Ausschuss die Planung für ein „Wohn- und Geschäftshaus“ an der Bramscher Straße vorstellen.

 

Wird gebaut, was als Konzept vorgelegt wurde?

Im Konzept: Ein Haus B für die Senioren-WG. © Architektürbüro Hettwer.

Warum ging es nur um ein Wohn- und Geschäftshaus? Den Zuschlag für die Fläche Bramscher Straße hatte Seelmeyer/CS Immo im März diesen Jahres für ein Konzept bekommen, das zweierlei umfasste: vorne ein Wohn- und Geschäftshaus, dahinter ein weiteres Gebäude – eine Wohngemeinschaft für bis zu 10 Senioren.

Der Gesprächsverlauf im Ausschuss zeigte: Ob diese Senioren-WG je entstehen wird, vermag niemand zu sagen. Dabei war es gerade die Senioren-WG, mit der in der Öffentlichkeit für dieses Projekt geworben worden war.

 

noz, 24. März 2017.

Als „einzigartiges Projekt“ präsentiert.

Am 24. März, nach der Entscheidung der CDU-Mehrheitsfraktion für das Seelmeyer-Projekt, erfuhr die Öffentlichkeit über das Bersenbrücker Kreisblatt, was sie vor der Entscheidung nicht erfahren hatte – was an der Bramscher Straße gebaut werden soll. Clemens Seelmeyer hob vor allem auf die Senioren-WG ab. Die biete Räumlichkeiten, zitierte ihn das Kreisblatt, „bezahlbar auch für Rentner mit einer schmalen Rente“.

2015: Aus dem Coup wurde nichts. Screenshot: Bersenbrücker Kreisblatt.

Architekt Andreas Hettwer wurde mit dem Satz zitiert, „ein interessantes und für Bersenbrück einzigartiges Konzept“. Und das Kreisblatt kommentierte: „Die Idee einer Senioren-WG hat jedenfalls durchaus Charme“.

„Einzigartig“ am Seelmeyer-Konzept war in der Tat die Senioren-WG. Das vordere Wohn- und Geschäftshaus kam so manchem aus gutem Grund bekannt vor. 2015 wollte das Architekturbüro Hettwer an der Bramscher Straße ein sehr ähnliches Gebäude als Investor errichten. Das Projekt schlug fehl. Nun also Wohn- und Geschäftshaus plus Senioren-WG an eben dieser Stelle.

 

Nach wie vor: Die WG kann nicht gebaut werden.

Clemens Seelmeyer.

Clemens Seelmeyer bekundete in der Ausschusssitzung, die WG in einer 2. Bauphase bauen zu wollen („ich stehe zu meinem Wort“). Die Frage ist jedoch: Kann er sie bauen? Dass es eine entscheidende Krux gibt, war dem Investor wie auch den Stadtverantwortlichen von Anfang an bekannt: Der bestehende Bebauungsplan lässt eine Verwirklichung des Seelmeyer-Projekts nicht zu.

Eckdaten wie die Grundstücksgröße waren in den Unterlagen der Stadt für die Interessenten ausgewiesen. Der Seelmeyer-Entwurf hielt sich daran nicht – bekam aber trotzdem den Zuschlag. Und so nahmen die Stadtverantwortlichen in Kauf, was nunmehr sichtbar wurde: Dass völlig offen ist, ob die Senioren-WG gebaut werden kann. Die notwendige Zustimmung aller Nachbarn hatte man vorher nicht eingeholt – und sie ist weiterhin nicht in Sicht. Ein neuer Bebauungsplan soll aufgestellt werden, wurde bislang aber noch nicht in die Ratsgremien eingebracht. Ob der den Weg frei machen würde, ist ebenfalls nicht gesichert.

 

„Erschleichung der Fläche“?

Nicht mit dem Bebauungsplan vereinbar, das war einer der Gründe dafür, warum die Oppositions-Fraktionen SPD, UWG und Grüne ihre Zustimmung zum Seelmeyer-Projekt verweigerten. Die aktuelle Sachlage bestätigt: Hinter einem wesentlichen Teil des Projekts – der Senioren-WG – steht ein großes Fragezeichen.

Franz Wiewel, Chef der SPD-Fraktion im Stadtrat Bersenbrück.

Franz Wiewel (SPD).

Franz Wiewel (SPD) sprach vor diesem Hintergrund von „Wettbewerbsverzerrung“ und „Erschleichung der Fläche“. Schließlich hatte das Seelmeyer-Konzept einen anderen Interessenten aus dem Feld geschlagen: HaseWohnbau hatte, gemeinsam mit der Heilpädagogischen Hilfe, ein Konzept für eine Bebauung entwickelt – passend zum bestehenden Bebauungsplan (mehr dazu hier). HaseWohnbau wurde 2016 als samtgemeindeigene Wohnungsbaugesellschaft gegründet – gegen die Stimmen der CDU.

Einzigartig: Das Bauprojekt „Inklusives Wohnen“ von HaseWohnbau + Heilpädagogischer Hilfe.

 

Gewerbeflächen: Noch keine Interessenten.

Gewerbe: So stand es im Konzept.

Bürgermeister Christian Klütsch (CDU) hatte die Entscheidung für Seelmeyer damit begründet, dass in dem vorderen Wohn- und Geschäftshaus Flächen für den „klassischen Einzelhandel“ angeboten werden. Im Konzept, das Seelmeyer präsentierte, waren z. B. aufgelistet: Sanitätshaus, ev. Textilhandel, Friseur. Was dazu bei der Präsentation im März gesagt wurde, ist nicht bekannt, denn die fand in nicht-öffentlicher Sitzung statt.

In dieser öffentlichen Ausschusssitzung am Mittwoch lautete die Auskunft: Es gebe noch keine Interessenten für die Gewerbeflächen. Textil – ein Modegeschäft – zieht gerade in einen Neubau auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein, und dort wird sich auch ein Friseur niederlassen.

Wie schwer es ist, Gewerbeflächen mit klassischem Einzelhandel zu füllen, ist hinlänglich bekannt. HaseEnergie hatte in seinem Entwurf keinen Einzelhandel vorgesehen, wohl aber eine sicherere Lösung für die Nutzung der Gewerbeflächen bzw. zur Belebung der Bramscher Straße: ein „Kulturzentrum“ mit Kursen der Volkshochschule und der Kreismusikschule, denkbar auch, so HaseWohnbau, dass dort, weil im Rathaus zu wenig Platz ist, HaseEnergie einzieht oder Abteilungen der Samtgemeinde wie Familienservicebüro, Seniorenhilfe oder die Freiwilligenagentur.

 

Intransparenz, Grundstücksverkauf ohne Auflagen.

An Fakten in Sachen Bramscher Straße ist nach der Ausschusssitzung am 1. November festzuhalten:

– 1. Das Grundstück wurde an Seelmeyer/CS Immo verkauft, ohne dass die Voraussetzungen dafür gegeben waren, dass das Konzept umgesetzt werden kann.

– 2. Was bislang nicht öffentlich bekannt war: Das Grundstück wurde ohne Auflagen verkauft. Seelmeyer/CS Immo ist nicht dazu verpflichtet zu bauen, was als Konzept vorgelegt wurde.

– 3. Für das vordere Wohn- und Geschäftshaus wurde von Seelmeyer/CS Immo bereits eine Baugenehmigung beantragt. Es soll gebaut werden.

– 4. Ob der Konzept-Bestandteil Senioren-WG gebaut wird, vermag noch niemand zu sagen.

noz, 20. März 2017.

Dass gemauschelt wird bei Grundstücksgeschäften zwischen einer Gemeinde und einem Investor – diesen Eindruck haben nicht wenige Bürger. Umso wichtiger sind Transparenz und Klarheit in der Sache. Genau daran mangelte es jedoch in Sachen Bramscher Straße von Anfang an: Bis zur Entscheidung wollte der Investor anonym bleiben, keine Vorstellung des Konzepts in öffentlicher Ratssitzung, Entscheidung dann „im Geheimen“, wie das Kreisblatt titelte. In einem Kommentar war dann noch zu lesen: „Transparenz und Bürgernähe geht anders“. Nun die Bestätigung dafür, dass nicht abzusehen ist, ob aus der Senioren-WG überhaupt etwas wird. Was sich bei alledem denken?

PS: Das Problem Bau der Senioren-WG ungelöst. Laut Tagesordnung stand (zur Kenntnisnahme für die Ratsmitglieder) nur eine Info zum vorderen Haus und da vor allem zum Material (heller Stein statt roter Stein) und zur Farbwahl (grüne Akzente) für die Fassade an. Das zu präsentieren, so der CDU-Ausschussvorsitzende Rolf Gelinsky, sei doch eine „nette Geste“.

Autor
Schlagwörter

Verwandte Beiträge

2 Kommentare

  1. Rudolf Voss

    Klartext ist wirklich sehr Informativ u. bietet gut recherchierte Beiträge.
    Es fehlen nach meiner Meinung kritische Beiträge über Ankum. Oder sind in Ankum im Rat (schwache Opposition) u. in der Bevölkerung alle zufrieden. Aus meinem Ankumer Bekanntenkreis höre ich schon öfters, dass nicht alles zu deren Zufriedenheit läuft, z.B. die Bauvorhaben von Herrn Dobelmann im Ortskern oder am See.
    In Bersenbrueck währe dieses, auf Grund der kritischen Opposition, ein Dauerthema.

    Ältere Ankumer beklagen, dass sie aus dem nördlichen Teil Ankums seit der Coma-Schließung weite Wege zum südlichen Einkaufszentrum hinnehmen müssen (der Coma – Markt konnte der Konkurenz zum Einkaufszentrum nicht standhalten).
    Dieses wurde in Bersenbrück, auch Dank der Opposition, durch die gleichmäßige Verteilung der Märkte über das Stadtgebiet besser gemacht.
    Mein Resümee: Vieleicht auch mal etwas kritisches aus Ankum.

  2. M. Kirchner

    Bersenbrücker Innenstadt wird zu einem grossen Altenheim und zur Büromeile in der Lindenstrasse. Findet Ihr die Bersenbrücker Innenstadt wirklich schön? Habt ihr echt keine Ideen, wie man die Innenstadt erlebbarer machen kann?

*

Top