Schulen & KiTas: Welche Wahl ist dafür wichtig?

Wichtig dafür – und noch für so einiges mehr – ist die Wahl des Samtgemeinderats. Auch der wird am 11. September neu gewählt.

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

Am 11. September wird auch ein neuer Samtgemeinderat gewählt.

Am 11. September wird auch ein neuer Samtgemeinderat gewählt. Dafür gibt es zwei Wahlkreise. Einmal Alfhausen, Ankum, Eggermühlen, Kettenkamp. Der zweite: Bersenbrück, Gehrde und Rieste.

Eine top Ausstattung unserer Grundschulen wie auch der beiden Oberschulen in Ankum und Bersenbrück, ein top Betreuungsangebot in KiTas, eine bestens gerüstete Feuerwehr als Brand- und Unfallretter: Für all‘ das und so einiges mehr fallen die entscheidenden Würfel bei Abstimmungen im Samtgemeinderat.

Genau so nahe und wichtig wie ein Gemeinderat.

Ein Blick in die Räumlichkeiten. Der Mehrzweckraum/Bewegungsraum ist 120 qm groß und liegt über der Krippe. Vor dem Vogelboll angesiedelt: die Spielflächen. © Plan: Ahrens + Pörtner

Wird bald gebaut: die neue Ankumer KiTa. © Plan: Ahrens + Pörtner

Ankum, Alfhausen, Bersenbrück, Eggermühlen, Gehrde, Kettenkamp und Rieste: Diese 7 Orte bilden die Samtgemeinde Bersenbrück. Auch wenn die Samtgemeinde für manchen eher ein abstraktes und fernes „Gebilde“ ist: Für die Bürger ist sie in vielerlei Beziehung ebenso nahe und wichtig wie die Gemeinde vor Ort – das zeigen allein schon die oben genannten Beispiele. Wie wäre es um die Lebensqualität in einer Gemeinde ohne gute Schulen und KiTas bestellt? Welche Zukunft hätte sie?

Die Liste der Zuständigkeiten der Samtgemeinde könnte noch um einiges verlängert werden: So sorgen z. B. ihre Bauhöfe für Sauberkeit, und dass Bürger aller Orte in ihrer Gemeinde einen Ausweis beantragen können – auch dafür kommt die Samtgemeinde auf, denn sie zahlt für Personal in den Gemeindeverwaltungen.

Die Baukosten für eine KiTa zahlt zu 90% die Gemeinde. Was danach kommt – die jährlichen Betriebs- und Personalkosten – zahlen andere. Die Samtgemeinde gibt für Betriebs- und Personalkosten der KiTas pro Jahr mehrere Millionen Euro aus.

 

Mitglieder des derzeitigen Samtgemeinderats bei der Arbeit: Hier während einer Ausschusssitzung.

Mitglieder des derzeitigen Samtgemeinderats bei der Arbeit: Hier während einer Ausschusssitzung.

Der Samtgemeinderat entscheidet.

An der Spitze der Samtgemeinde steht der Samtgemeindebürgermeister. Der wird – und zwar direkt vom Volk – erst wieder in einigen Jahren gewählt (2020). In diesem Jahr wird „nur“ der Rat neu gewählt. Der ist allerdings das entscheidende Organ, denn aus eigener Macht kann ein Bürgermeister nichts bewegen. Für die Samtgemeinde heißt das: Was immer angepackt werden soll, ob eine Feuerwehr ein neues Fahrzeug bekommt, ob eine Schule saniert oder eine neue Halle für den Schulsport und damit in der Regel auch zur Nutzung für den Vereinssport gebaut wird – der Samtgemeinderat muss Ja sagen, sonst wird daraus nichts.

Kommunalverfassung

Die Aufgaben sind per Gesetz festgelegt.

Dass gelegentlich mal gefordert wird, mehr Entscheidungen von der Samtgemeinde- auf die Gemeindeebene zu verlagern, hat weder Hand noch Fuß. Der Grund dafür: Ende 2011 trat in Niedersachsen ein einheitliches Kommunalverfassungsgesetz in Kraft – auf den Weg gebracht von einer CDU/FDP-Regierung. Und in dem ist genau geregelt, wofür eine Samtgemeinde zuständig ist. Die Samtgemeinde Bersenbrück maßt sich also keine Aufgaben an, sondern ist per Gesetz zur Erfüllung bestimmter Aufgaben verpflichtet. Was diese Aufgaben angeht, können keine Entscheidungen verlagert werden.

Die Samtgemeinde zur Kasse bitten

Alltag für die Samtgemeinde: Dass sie zur Kasse gebeten wird (Textausschnitt: noz, 9.8.).

Der eigentliche „Trend“: Man will mehr von der Samtgemeinde.

Auf der Prioritätenliste steht auch der erneuerungsbedürftige Kunstrasen Hemkestadion in Bersenbrück.

War ein Streitobjekt: der Kunstrasen in Bersenbrück.

Wer auf die Realität schaut, stellt fest: Wenn es ums Geld geht, ruft so mancher Bürgermeister nur zu gerne nach der Samtgemeinde, selbst bei Angelegenheiten, die nicht oder nicht alleine Sache der Samtgemeinde sind. Bei Sportanlagen kam es da in jüngster Zeit zu verbalen „Rangeleien“, z. B. zum Kunstrasenplatz im Bersenbrücker Hemke-Stadion. Weitere sind vorprogrammiert. So wünscht sich Rieste zum Beispiel eine schöne neue Mehrzweckhalle für den Schulsport, den Vereinsport und auch für andere Veranstaltungen. Beantragt hatte einen solchen Bau die SPD. Bürgermeister Hüdepohl (CDU) bekundete Sympathie und sagte gleich dazu, der erste Ansprechpartner solle die Samtgemeinde sein. Ist die dafür zuständig?

Wir wollen – die Samtgemeinde zahlt?

Rieste hat eine Schulsporthalle. Dass die Gemeinde und deren Vereinssportler gerne eine größere und schönere Halle hätten, ist verständlich. Müsste die Samtgemeinde eine bauen, weil der Vereinssport mehr Platz braucht? Was den Vereinssport angeht zeigt das Beispiel Ankum, worum es geht. Die Ankumer Schulsporthallen werden von Vereinssportlern aus drei Gemeinden genutzt: aus Ankum, Eggermühlen und Kettenkamp.

In ländlich-schöner Lage: Die neue, moderne Gerde Turnhalle. Sie könnte auch für Veranstaltungen genutzt werden.

In Gehrde entstand eine neue, moderne Turnhalle.

Und das ist, siehe § 98, ein wichtiger Aspekt: Es sind Vereinssportler aus mehreren Orten. Die Samtgemeinde ist nicht dafür zuständig, in jedem einzelnen Ort ein Hallenangebot zu bieten, dass auch dem Vereinssport dieses einen Ortes alle gewünschten Möglichkeiten bietet. Aus Samtgemeindesicht stünde den Riester Vereinssportlern z. B. die Möglichkeit offen, nach Wegen zu suchen, um die Schulsportanlagen der Samtgemeinde in Nachbargemeinden zu nutzen – wie es die Eggermühlener und Kettenkamper Vereinssportler tun. Oder die Gemeinde Rieste tut aus eigener Kasse etwas für den Vereinssport. So leistete die Gemeinde Ankum zum Beispiel einen Zuschuss von 200.000 € für den Kunstrasenplatz des Quitt und bezuschusste den Bau der Reitsporthalle mit 150.000 €.

Für die Samtgemeinde stellt sich zudem die Frage nach der Priorität. Selbst wenn sie für den Bau einer Halle in Rieste zuständig wäre: Die Liste der Wünsche und Notwendigkeiten ist lang. Da will sorgfältig abgewogen werden, bei welchem Projekt die Dringlichkeit besonders hoch ist und bei welchem weniger hoch.

Aufgabe der Samtgemeinde: Das Wohl aller.

Alle Gemeinden zahlen Jahr für Jahr einen bestimmten Betrag in die Kasse der Samtgemeinde ein. Und zwar 54% ihrer Steuereinnahmen. Nach dem Willen der CDU wären es seit 2012 mit 56% sogar zwei Prozent mehr gewesen. Dazu kam es nicht – mit positiven Folgen für alle Gemeinden. Mehr dazu hier.

Wer auf die einzelnen Gemeinden schaut, stellt auf einen Blick fest: Sie sind unterschiedlich groß – zwischen gut 1.700 und knapp 8.300 Einwohnern. Dass sie auch von sehr unterschiedlicher Wirtschaftskraft sind, liegt nicht nur an der Größe.

adidas ist das bekannteste Unternehmen im Niedersachsenpark.

adidas ist das bekannteste Unternehmen im Niedersachsenpark. Die Gemeinde Rieste gehört zu den Gesellschaftern der Niedersachsenpark GmbH.

Um nur ein Beispiel für die komplexe Problemlage zu nennen: Wo würde sich ein großes Unternehmen ansiedeln? In Eggermühlen oder in Rieste? In Rieste, ist die Antwort – im dortigen Niedersachsenpark, der bald auch noch einen Autobahnanschluss haben wird. Anders als andere Gemeinden hat Rieste also bessere Chancen bei größeren Gewerbeansiedlungen und muss sich im Prinzip auch gar nicht selbst um die Ausweisung von Gewerbegebieten kümmern. Die Hauptarbeit erledigt die Geschäftsführung des Niedersachsenparks.

Das Alfen-Saunaland.

Das Alfen-Saunaland in Rieste.

Dass Rieste inzwischen der drittgrößte Umlagenzahler der Samtgemeinde ist, liegt am Niedersachsenpark, denn inzwischen fließen Gewinne aus dem Park in die Riester Gemeindekasse. Auch in Sachen Tourismus ist Rieste gut dran. Welche Gemeinde hätte nicht gerne, was die Alfsee GmbH (ein Unternehmen der Samtgemeinde) in Rieste an Geld investiert wie z. B. die Millionen ins neue Alfen-Saunaland.

Weil nicht jede Gemeinde gleich gute wirtschaftliche Entwicklungschancen hat, ist es Aufgabe der Samtgemeinde sicherzustellen, dass sich alle Gemeinden trotz dieser Unterschiede gut entwickeln, dass sie über gute Schulen verfügen, ein gutes Betreuungsangebot in KiTas usw. Das Wohl aller im Blick zu haben, ist Aufgabe der Samtgemeinde. Das setzt Solidarität voraus: Die Solidarität wirtschaftlich starker Gemeinden mit wirtschaftlich schwächeren.

Mehr bekommen, weil man mehr zahlt?

Wenn Entscheidungen von der Höhe der Zahlung an die Samtgemeinde abhängen, sind die finanzschwächeren Gemeinden die großen Verlierer.

Gilt das Recht des wirtschaftlich Stärkeren?

Axel Torbecke, der CDU-Spitzenkandidat (Korrektur 21.8., 21.17 Uhr: Kandidat, nicht Spitzenkandidat) für den Riester Gemeinderat, verweist in einem Facebook-Post darauf, dass Rieste viel Geld an die Samtgemeinde zahlt und setzt in einem zweiten Post nach: „Was passiert in Rieste für die Riester Bürger. Wir wünschen uns mehr.“ Was ist aus den Sätzen herauszulesen? Das Rieste ein Recht auf Mehr hat, weil es mehr in die Kasse der Samtgemeinde zahlt als andere? Alle Bürger und Gemeinden sind gleich wichtig, muss die Leitlinie des Handels der Samtgemeinde sein: Damit nicht nur Rieste eine gut ausgebaute Schule hat, sondern sondern auch Gemeinden wie Alfhausen oder Gehrde, die weniger Geld in die Samtgemeindekasse zahlen.

Torbecke-2-Rieste

Zahlung Ankum an die Samtgemeinde: 3,4 Mio. €, Bersenbrück 3,1 Mio. € Rieste 1,5 Mio. € (laut Haushaltsplänen 2016).

„Wer mehr zahlt kriegt auch mehr“, würde dieser Geist im Samtgemeinderat den Ton angeben, wäre das das Ende einer weiterhin guten Entwicklung von Alfhausen, Eggermühlen, Gehrde, Kettenkamp. Und auch Rieste würde verlieren, denn Ankum und Bersenbrück zahlen sehr viel mehr ein als Rieste. Nach dem Motto „wer mehr zahlt kriegt auch mehr“, flösse der Löwenanteil des Geldes nach Ankum und Bersenbrück, unabhängig davon, ob es für dortige Projekte dringend gebraucht wird oder nicht. Dann könnte viel Tolles in Ankum und Bersenbrück entstehen – und in Schulen anderer Gemeinden bröckelt der Putz.

Die ersten Wanddteile der neuen Pausenhallte der Grundschule Kettenkamp sthen bereits.

Nur Solidarität stellt sicher, dass auch kleine Gemeinden wie Kettenkamp – dort wird gerade die Grundschule umgebaut – gute Schulen und KiTas haben.

Wes Geistes Kind sollte ein Mitglied des Samtgemeinderates sein?

Seit den Wahlen 2011 hat im Samtgemeinderat ein Bündnis aus UWGs, SPD und Grünen eine Mehrheit. Bei allen Investitionen in den einzelnen Gemeinden wurde nach Notwendigkeit entschieden, nicht nach dem Gesetz des Stärkeren und nach dem Motto, sich Wählerstimmen in der eigenen Gemeinde zu sichern. Mut zur politischen und finanziellen Vernunft aufzubringen und das Wohl aller im Auge zu behalten, erfordert Mut.

Von der Mensa bis zu jedem Klassenzimmer: Die neue Grundschule ist Ausdruck moderner Pädagogik. Sie ist ein Ort zum Lernen, der zugleich ein attraktiver Lebensraum ist.

Von der Mensa bis zu jedem Klassenzimmer: Die neue Grundschule ist Ausdruck moderner Pädagogik. Sie ist ein Ort zum Lernen, der zugleich ein attraktiver Lebensraum ist.

In der Samtgemeinde stand eine Gruppierung, die UWG Ankum, vor einer besonderen Herausforderung – und bewies diesen Mut. Sie rang sich – trotz damals starken Gegenwinds in Ankum – dazu durch, in der Samtgemeinde für einen Umzug der Grundschule zum Kattenboll zu stimmen. Die Ankumer CDU-Vertreter im Samtgemeinderat taten es nicht, anders als ihre Kollegen aus den anderen Orten der Samtgemeinde.

Ende gut, alles gut, könnte man heute sagen. Ankum bekam, wofür sich die UWG damals verbürgte: eine hervorragende Grundschule am Kattenboll. Mehr dazu hier. Der Mut zu dieser Entscheidung war aber auch ein Beitrag zum Wohl aller Bürger der Samtgemeinde, denn die Samtgemeinde sparte einige Millionen Euro. Andere Gemeinden, in der Mehrzahl CDU-regierte Gemeinden, haben davon profitiert. Das eingesparte Geld machte den Weg frei für andere Projekte. Das Wohl aller im Blick haben: Es ist dieser Geist, der im Samtgemeinderat regieren sollte. Nicht ein Hauen & Stechen – wie es das einmal in Sachen Kettenkamp gab (mehr dazu hier) – oder ein Handeln nach der Maxime, wer mehr zahlt, dem steht mehr zu als anderen.

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Ein Kommentar

  1. Axel Torbecke

    Eigentlich wollte ich dieses einseitige „Parteiorgan“ nicht mehr lesen. Aber wenn Sie mich schon zitieren: das Zitat ist völlig aus dem Zusammenhang gerissen und somit genau so wenig wert wie die Aussage ich bin „Spitzenkandidat“. Tatsächlich stehe ich auf Platz 10 der Liste.

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